Politik
„‚Kehrt um!‚“ (Zeit Online, 3. November 2015): Ja, natürlich geht es in dem Artikel um Flüchtlinge. Und um die Ohnmacht, die vermutlich Viele empfinden in diesen Zeiten. Vielleicht nicht so extrem wie die NDR-Reporterin Alena Jabarine, die an der Slowenischen Grenze auf einmal Vermittlerin spielen musste zwischen den überforderten Politikern und den verzweifelten Flüchtlingen. Vermutlich seit langem habe ich nicht mehr eine so beklemmende Reportage gelesen. Dass aber auch mit einem eher leichten Ton geschriebene Geschichten (mit so etwas ähnlichem wie einem Happy End) durchaus lesenswert (und um so wichtiger sind), zeigen die beiden Reportagen „Fremdemzimmer“ (Der Spiegel, 4. Juli) und „Wir holen dich da raus“ (SZ Magazin, Heft 45/2015) – nicht zuletzt, weil sie zeigen, wie ähnlich die Menschen trotz aller Unterschiede sind.
Wirtschaft
„Hausgeträumt“ (Zeit Online, 4. Januar 2016): Ganz ehrlich: Ich plane nicht, mir ein Haus zu kaufen. Und seit ich Mark Schieritz‘ Artikel über seinen Hauskauf gelesen habe, noch weniger. Dabei beginnt er beim Fliesenkauf und kommt über Wissenschaftler, Groß- und Kleinstädte, Gentrifizierung und Geldanlage irgendwann zum US-Milliardär Warren Buffett und „finanzielle Massenvernichtungswaffen“.
Feuilleton
„Das letzte verzweifelte Schwanz-Rausholen“ (Süddeutsche.de, 5. Oktober 2015): Stefanie Sargnagel mag Wanda nicht. Und auch das neue Album „Bussi“ der Österreicher nicht. Und doch: „Nach sieben Bier tanzt sogar mein Freund Witzmann nackt durch die Wohnung und schreit ‚Ans, zwa, drei, vier, es ist so schön bei dir!‘, und ich bettel drum, nur noch einmal das Lied mit den Schwestern zu hören, um mich betrunken am Küchenboden zu wälzen.“
Gesellschaft
„Alien“ (als „Oh boy, the Germans“ in der SZ, 17. Oktober 2015): Peter Richter lebt in den USA. Und ist dort, wenige Tage nach Bekanntwerden des VW-Skandals, mit Vandalismus an seinem Auto konfrontiert. „Eine Attacke von germanophoben Umweltschützern?“, fragt sich der Journalist. Und nähert sich nach und nach der Geschichte nicht nur deutscher Migranten in der ehemals drittgrößten deutschen Stadt der Welt an.
Sport
„Falsche Fans“ (RN Online): Meine ehemaligen Kollegen Nils Lindenstrauß und Björn Althoff haben sich in der vergangenen Sommerpause damit beschäftigt, wo die Trikots eigentlich herkommen. Also die gefälschten, die für 15 Euro und weniger. Natürlich alles mit einem Blick auf den BVB (obwohl zumindest Björn Schalke-Fan ist), aber das ist bei einer Dortmunder Zeitung durchaus verständlich. Auf jedenfall lesens- und sehenswert – ist nämlich eine Multimedia-Reportage (und als eine der wenigen im genau richtigen Maße multimedial).
Reise
„Berge des Wahnsinns“ (Die Zeit, 25. Dezember 2014): Tina Uebel ist vermutlich eine schlechte Gonzo-Journalistin. Denn ganz ohne Drogenkonsum beschreibt sie wie im Rausch die Felsformationen des Ennedi-Massivs im Tschad: „’Tschuldigung, ich muss grad mal die Wüstenspringmaus geben. […] Am Horizont zur linken zwei konische Salz-und-Pfeffer-Streuer in Göttergröße, zur rechten ein Kastell, schwebend.“ Wieso das so ist, steht schon in den ersten beiden Sätzen: „Gott muss LSD genommen haben. Am siebenten Tage der Schöpfung schmiss er gen Abend eine Handvoll Trips ein und stellte dann, zur späten Stunde, noch das Ennedi hin.“